Scheidungsunterhalt
Der nacheheliche Unterhalt hängt vom Scheidungsverschulden ab. Folgende Hauptfälle lassen sich unterscheiden:- Wurde die Ehe auf Wunsch des Klägers nach § 55 EheG (langjährige Trennung) geschieden und enthält das Urteil des Ausspruch, dass den Kläger das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, steht dem "verlassenen" Ehegatten ein Unterhalt nach § 69 Abs 2 EheG zu, er erhält also auch nach der Scheidung einen Unterhalt wie bei aufrechter Ehe.
- Wurde die Ehe nach § 49 EheG (wegen Verschuldens) geschieden und enthält das Urteil den Ausspruch, dass ein Ehegatte allein oder überwiegend an der Zerrüttung der Ehe schuld trägt, steht dem anderen Ehegatten ein nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessener Unterhalt zu. Der berechtigte Ehegatte muss sich nach Kräften um ein Einkommen bemühen.
- Bei gleichteiligem Verschulden oder wenn das Urteil keinen Verschuldensausspruch enthält (oder nach Beseitigung eines Unterhaltsverzichts) steht dem geschiedenen Ehegatten ein Anspruch auf Unterhalt nach Billigkeit (§ 69 Abs 3, § 69a Abs 2 EheG) insoweit zu, als keine unterhaltspflichtigen Verwandten vorhanden sind oder diese den Unterhalt überhaupt nicht oder nur unter Gefährdung ihres eigenen angemessenen Unterhalts gewähren könnten. Der Grundsatz der Subsidiarität der Unterhaltsverpflichtung des geschiedenen Ehegatten gilt dann nicht, wenn er nicht der Billigkeit entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn der geschiedene Ehegatte über ein derart hohes Einkommen verfügt, das jenes der primär unterhaltspflichtigen Kinder um ein Vielfaches übersteigt.
- Soweit und solange einem geschiedenen Ehegatten auf Grund der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes unter Berücksichtigung dessen Wohles nicht zugemutet werden kann, sich selbst zu erhalten, hat ihm der andere unabhängig vom Verschulden an der Scheidung Unterhalt nach dessen Lebensbedarf zu gewähren. Die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung wird vermutet, solange das Kind das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
- Hat sich ein Ehegatte während der Ehe auf Grund der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Haushaltsführung oder der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes oder der Betreuung eines Angehörigen eines der Ehegatten gewidmet und kann ihm auf Grund des dadurch bedingten Mangels an Erwerbsmöglichkeiten, etwa wegen mangelnder beruflicher Aus- oder Fortbildung, der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft, seines Alters oder seiner Gesundheit, nicht zugemutet werden, sich ganz oder zum Teil selbst zu erhalten, so hat ihm insoweit der andere Ehegatte unabhängig vom Verschulden an der Scheidung den Unterhalt nach dessen Lebensbedarf zu gewähren.
- Macht sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung einer schweren Verfehlung gegen den Verpflichteten schuldig, verwirkt er seinen Unterhaltsanspruch. Das gilt auch, wenn der Unterhaltsanspruch in einem Vergleich geregelt wurde.
Zur Höhe: Der Unterhaltsanspruch des schuldlos Geschiedenen beträgt grundsätzlich 40 % des gemeinsamen Einkommens abzüglich des eigenen Einkommens; maximal aber 33 % des Einkommens des Verpflichteten (also so, als würde der Berechtigte nichts verdienen). Unterhalt nach Billigkeit beträgt ca 10-15%, Unterhalt wegen Kinderbetreuung oder langjähriger Ehe ohne Berufschancen beläuft sich auf 15 - 33 %.
Rechtsprechung zum Thema
14.06.2021
Anspannung des GmbH-Gesellschafters auf Entnahme von Gewinnen
Ist der Unterhaltspflichtige einziger Gesellschafter einer GmbH und auch deren alleiniger Geschäftsführer, ist bei Thesaurierung der Gewinne zu prüfen, wie sich partnerschaftlich eingestellte Ehegatten im gemeinschaftlichen Interesse unter den gegebenen Umständen und nach den konkreten Lebensverhältnissen verhalten hätten. weiterlesen18.02.2021
Anspannung auf fiktive Vermögenserträgnisse
Gerade bei Bedachtnahme auf partnerschaftlich eingestellte Ehegatten und ihre gemeinschaftlichen Interessen ist davon auszugehen, dass diese Vermögen nicht ertraglos „herumliegen“ lassen, sondern anlegen würden, und zwar jedenfalls Kapitalvermögen. weiterlesen21.12.2020
Wohnversorgung - Kürzung um Viertel
Zumindest bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aus dem Titel der Wohnversorgung lediglich um rund ein Viertel zu. Gebührt dem Unterhaltsberechtigten aufgrund seines Eigeneinkommens ein Ergänzungsunterhalt, so ist dieses Viertel aus dem Eigeneinkommen und dem ungekürzten Ergänzungsunterhalt zu ermitteln. weiterlesen22.09.2020
deutsch-ghanaische Doppelstaatsangehörige heiratet Österreicher in Bali
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Scheidung in Bosnien - Unterhalt in Österreich
Die Parteien haben 1983 in Bosnien-Herzegowina die Ehe geschlossen. Die Freu ist bosnische Staatsbürgerin; der Bekl ist jedenfalls seit 2002 Österreicher. Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des bosn Gemeindegerichts B* vom 7. 7. 2015 nach bosnischem Recht geschieden. Diese Entscheidung ist seit 10. 8. 2015 rk. Sie enthält keinen Ausspruch über das Verschulden an der Zerrüttung. Die Ehefrau möchte Unterhalt in Österreich. weiterlesen12.06.2018
Honoraranspruch des Rechtsanwalts - Beweislastumkehr
Gegenstand des Verfahrens ist der Honoraranspruch der Klägerin für die Vertretung der Beklagten in gerichtlichen Verfahren wegen Ehescheidung, Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt. weiterlesen30.05.2017
Verjährung der Unterhaltsrückforderung
Der geschiedene Ehemann zahlte aufgrund einer einstweiligen Verfügung Unterhalt, um eine Exekution zu vermeiden. Die Verfügung wurde rückwirkend aufgehoben, der Mann klagte im Jahr 2006 auf Rückzahlung des Unterhalts. weiterlesen28.11.2013
Exekution auf Unterhalt trotz Lebensgemeinschaft
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Nachehelicher Unterhalt - keine "Luxusgrenze"
Der Ehemann erzielt ein Einkommen von mehreren hundert Millionen Euro jährlich. Die nach fast 50-jähriger Ehe geschiedene (verlassene) Ehefrau begehrt einen Unterhalt in der Höhe von 40% des Einkommens. weiterlesen28.09.2011