Wohnversorgung in der im Miteigentum stehenden Ehewohnung
Grundsätzlich ist nach Aufhebung der ehelichen Hausgemeinschaft der gesamte angemessene Unterhalt in Geld zu leisten. Hat der Unterhaltsberechtigte aber nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen, so bedarf er aber regelmäßig nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte muss sich deshalb jene Wohnungskosten, die er andernfalls selbst zahlen müsste, in angemessener Höhe auf seinen Geldunterhaltsanspruch anrechnen lassen. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung auf den fiktiven Mietwert der Wohnung abzustellen.
Ist eine fiktive Mietersparnis auch auf den Geldunterhalt anzurechnen, wenn der Unterhaltsschuldner nur Miteigentümer der dem Unterhaltsberechtigten zur Verfügung stehenden Wohnung ist?
Ja! Der Oberste Gerichtshof hat schon zu 2 Ob 211/18w festgehalten, dass auch in einem solchen Fall der halbe Mietwert anzurechnen ist, wenn der Unterhaltsberechtigte mit keinen Kosten belastet ist.
Im vorliegenden Fall wurden die das Haus betreffenden Kreditraten vom Beklagten alleine beglichen. Soweit die Frau darauf verweist, dass sie die Grundsteuer, den Rauchfangkehrer, Wasser- und Kanalgebühren sowie Stromkosten finanziert habe, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof bereits zu 3 Ob 35/19x ausgesprochen hat, dass die Wohnversorgung bei der Bemessung des Geldunterhalts nicht schon deshalb in geringerem Ausmaß zu berücksichtigen ist, weil der Unterhaltspflichtige nicht zusätzlich auch noch alle Wohnungsbenützungskosten trägt.
In welcher Höhe ist die Wohnkostenersparnis anzurechnen?
Die Wohnkostenersparnis ist auf den Unterhaltsanspruch nur so weit anzurechnen, wie der persönliche Bedarf des Unterhaltsberechtigten gedeckt ist. Deshalb muss dem Unterhaltsberechtigten stets ein in Geld zu leistender Unterhalt verbleiben. Jedenfalls dann, wenn sich der Geldunterhalt (rechnerisch) aufgrund der Wohnversorgung um mehr als ein Viertel mindern würde, ist zu überprüfen, ob der Restunterhalt noch zur angemessenen Deckung der Restbedürfnisse ausreicht. Zumindest bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aus dem Titel der Wohnversorgung deshalb lediglich um ein Viertel zu. Gebührt dem Unterhaltsberechtigten aufgrund seines Eigeneinkommens ein Ergänzungsunterhalt, so ist dieses Viertel aus dem Eigeneinkommen und dem ungekürzten Ergänzungsunterhalt zu ermitteln.
Ergebnis: Die Entscheidung der Vorinstanzen, die den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin um ein Viertel jenes Betrags gekürzt haben, der ihr als Summe aus Eigeneinkommen und errechnetem Geldunterhaltsanspruch zur Verfügung stünde, ist damit von der bisherigen Rechtsprechung gedeckt. Soweit sich damit für die Klägerin im Juni 2021 bei einem Eigeneinkommen von 174,90 EUR ein Geldunterhaltsanspruch von 662,15 EUR ergibt, ist dieser Betrag auch hinreichend, um den über die Wohnversorgung hinausgehenden Lebensbedarf der Klägerin sicherzustellen. Inwieweit die vom Beklagten geleisteten Kreditrückzahlungen im Aufteilungsverfahren zu seinen Gunsten berücksichtigt wurden, ist hier für die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs ohne Bedeutung.
OGH 8 Ob 164/22h