Tonbandüberwachung des untreuen Ehegatten im Dienstzimmer
Der Ehefrau war nach den Feststellungen zwar ein erheblicher Beweisnotstand zuzubilligen, allerdings musste sie von vornherein damit rechnen, dass das von ihr im Dienstzimmer des Beklagten an der Universitätsklinik installierte Tonbandgerät nicht nur Privates, sondern auch vertrauliche Patienteninformationen aufzeichnen würde, die auf diese Weise an unbefugte Dritte - zu denen auch die Klägerin selbst zählt - gelangen konnten.
Selbst nach einer bereits eingetretenen unheilbaren Zerrüttung der Ehe kann die Verletzung von weiterhin und unabhängig davon schutzwürdigen Interessen des Ehepartners (hier: der beruflichen Integrität) bei der Verschuldensabwägung nicht immer völlig unberücksichtigt bleiben. Die unangefochtene Feststellung, dass der Beklagte subjektiv schon lange vor dem Bekanntwerden der Abhöraktion jeden Ehewillen verloren hatte, begründet daher noch keinen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifenden krassen Rechtsirrtum des Berufungsgerichts. Die Möglichkeit, dass auch eine andere Beurteilung vertretbar gewesen wäre, genügt nicht.
Der Verschuldensausspruch des Berufungsgerichts berücksichtigt aber auch, dass die festgestellten Eheverfehlungen des Beklagten an Zahl und Gewicht jene der Klägerin weit überwogen haben. Das überwiegende Verschulden eines Ehegatten ist (an Stelle eines gleichteiligen) nämlich nur dann auszusprechen, wenn sein Verschulden erheblich schwerwiegender ist und das des anderen Ehegatten dagegen fast völlig in den Hintergrund tritt.
OGH 29.11.2013, 8 Ob 115/13i