Die überkonfessionelle Morgengabe
Eine weitere Entscheidung in der aktuell beliebten Serie „Morgengabe“, diesmalige Folge: „die Morgengabe kehrt zurück“. In der Hauptrolle: ein österreichisches Ehepaar islamischen Glaubens mit familiärem background in Jordanien oder Palästina. In der Nebenrolle: der Imam des islamischen Zentrums. Zeit und Ort der Handlung: 1998 in Wien. Inhalt: Der Imam beurkundet das Versprechen des Mannes, seiner Frau – die er wenige Tage zuvor standesamtlich geheiratet hatte – ein Kilogramm Gold als Morgengabe zu leisten. Die Ehe wird 2022 geschieden, schon während des Scheidungsverfahrens klagt die Frau das Gold ein. Der Spannungsbogen, dramatisch: sie verliert in erster Instanz, gewinnt in zweiter Instanz und verliert endgültig in dritter Instanz.
Wie entscheidet der OGH: Im ersten Teil geht der OGH der Frage nach, wie stark die Auslandsberührung des Falles sein muss, damit überhaupt das IPRG anzuwenden ist. Sollte nämlich das IPRG anwendbar sein, konnten die Ehegatten nach § 19 IPRG eine Rechtswahl ihres Ehegüterrechts treffen. Hintergrund des „Problems“ ist, dass durch eine solche Rechtswahl – zB auf „islamisches Recht“ – die strengeren Formgebote des österr Rechts für Eheverträge (Ehepakte) umgangen werden könnten. Vor diesem Hintergrund hat der OGH durchaus nachvollziehbar entschieden, dass im Fall von zwei Österreichern mit Lebensmittelpunkt in Österreich keine ausreichende Auslandsberührung vorliegt, die den Anwendungsbereich des IPRG (und damit eine Rechtswahl) eröffnet – auch wenn die Ehegatten „gemeinsam ein Haus in Palästina besitzen“, wobei unklar blieb, wann es zu diesem Erwerb gekommen war. Allein durch die Rechtswahl selbst kann keine Auslandsberührung hergestellt werden.
Der zweite Teil behandelt sodann die „Morgengabe“, die bis zum FamRÄG 2009 Bestandteil auch des österreichischen Rechts war. Der OGH nutzt die Gelegenheit zu rechtshistorischen Ausführungen zurück bis zum Ur-Entwurf des ABGB, gefolgt von rechtsvergleichenden Betrachtungen zur „Morgengabe deutschen Ursprungs“ im 16. JHdt, die er letztlich mit der islamischen Morgengabe rechtlich gleichsetzt. Böse Zungen würden von „kultureller Aneignung“ sprechen. Das ändert aber nichts am zutreffenden Ergebnis, dass für das Versprechen der Morgengabe bis zu deren Beseitigung durch das FamRÄG 2009 ein Notariatsakt erforderlich war (Morgengabe=Ehepakt).
Und das Morgengabeversprechen A. D. 2010 ff? Wäre die Morgengabe unter den gleichen Umständen zu einem Zeitpunkt ab 1.1.2010 versprochen worden, hätte dies am Ergebnis mE nichts geändert: mangels ausreichender Auslandsberührung wäre das IPRG ebenfalls nicht anwendbar gewesen, bzw wäre (ab 29.1.2019) auch kein Anknüpfungspunkt nach Art 22 EuEheGüVO gegeben gewesen, der eine Rechtswahl nach dieser VO erlaubt hätte. Nach dem sohin anwendbaren österr Sachrecht stellt die Morgengabe mE eine reine, allenfalls belohnende Schenkung (§§ 938ff ABGB) dar, die mangels wirklicher Übergabe notariatsaktspflichtig ist. Das gilt auch, wenn man sie als „Ehevertrag“ iSd § 97 Abs 1 EheG qualifizieren wollte.
OGH 26.9.2024, 8 Ob 88/24k