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Auszug des Unterhaltsberechtigten - weiterhin Anrechnung von Naturalunterhalt? | Rechtsanwalt in Wien, Dr. Nademleinsky

Rechtsprechung

Auszug des Unterhaltsberechtigten - weiterhin Anrechnung von Naturalunterhalt?

Grundsätzlich ist nach Aufhebung der ehelichen Hausgemeinschaft der gesamte angemessene Unterhalt des Unterhaltsberechtigten in Geld zu leisten (RS0009414). Hat der Unterhaltsberechtigte aber nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen, so bedarf er regelmäßig nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts, um seinen vollständigen Unterhalt zu decken (RS0047254).
1.1 Grundsätzlich ist nach Aufhebung der ehelichen Hausgemeinschaft der gesamte angemessene Unterhalt des Unterhaltsberechtigten in Geld zu leisten (RS0009414). Hat der Unterhaltsberechtigte aber nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen, so bedarf er regelmäßig nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts, um seinen vollständigen Unterhalt zu decken (RS0047254). Für die Überlassung der Wohnung an den Unterhaltsberechtigten ist daher (nur) der fiktive Mietwert der Wohnung wegen der damit verbundenen Verminderung des Unterhaltsbedarfs aufgrund der Wohnkostenersparnis als Naturalunterhalt anzurechnen (RS0130891), wobei der für den Wohnungsaufwand geleistete Naturalunterhalt in der Regel nach Köpfen auf alle die Wohnung benutzenden Personen, die in einer unterhaltsrechtlichen Beziehung zum Unterhaltspflichtigen stehen, aufzuteilen und auf deren Unterhaltsansprüche anzurechnen ist (RS0123487 [T1]).

[7]            1.2 Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Unterhaltspflichtige durch sein Verhalten seine unterhaltsberechtigten Kinder nicht in ihren Ansprüchen schmälern darf, sodass sein Auszug aus der Ehewohnung gegenüber den Kindern regelmäßig unbeachtlich und sein „Kopf“ bei der Ermittlung der anzurechnenden Anteile weiterhin zu berücksichtigen ist (RS0123488). Dies gilt auch für den Ehegattenunterhalt, wenn kein einvernehmlicher Auszug oder die Voraussetzungen des § 92 ABGB vorliegen (RS0123488 [T2]). Wenn daher kein Einvernehmen der Ehegatten nach § 91 ABGB vorliegt und es dem Unterhaltspflichtigen auch nicht gelingt, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 92 ABGB zu beweisen, oder wenn er nicht darlegt, dass das weitere Zusammenwohnen mit dem Unterhaltsberechtigten aus besonderen Gründen nicht mehr zumutbar ist, ist er in die Aufteilung des fiktiven Mietwerts der Wohnung miteinzubeziehen (RS0123488 [T3]). Dass dem freiwilligen Auszug des Unterhaltspflichtigen auch eine Wegweisung oder eine entsprechende einstweilige Verfügung nach § 382b EO gleichzuhalten sind, wurde bereits mehrfach festgehalten (4 Ob 42/10w Pkt 3.3.; 10 Ob 7/14y; 3 Ob 164/17i; 4 Ob 54/19y Pkt 1.).

[8]            1.3 Auch dann, wenn der Unterhaltsberechtigte die Ehewohnung verlässt, kommt es für die Anrechenbarkeit der Wohnkostenersparnis als Naturalunterhalt darauf an, ob dieser aus gerechtfertigten Gründen auszog. Das Verlangen des (gesamten) Geldunterhalts wäre unbillig, wenn der Unterhaltsberechtigte die Ehewohnung, die ihm zur Deckung seines Wohnbedürfnisses zur Verfügung stünde, ohne gerechtfertigte Gründe verlässt (6 Ob 15/08m ErwGr 1.4.). Dass ebenso eine Wegweisung des Unterhaltsberechtigten oder eine gegen ihn erlassene einstweilige Verfügung nach § 382b EO seinem freiwilligen (grundlosen) Auszug gleichzuhalten sind, folglich keine gerechtfertigten Auszugsgründe auf seiner Seite vorliegen, ist schon aus Gründen der Gleichbehandlung der Ehegatten selbstverständlich und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl RS0042656). Auch wenn die einstweilige Verfügung – wie im vorliegenden Fall – nicht die Ehewohnung betrifft, sondern (räumlich) auf eine andere Unterkunft der Ehegatten beschränkt ist, wird dadurch die Unzumutbarkeit der gemeinsamen Nutzung der Ehewohnung aus vom Unterhaltsberechtigten zu vertretenden Gründen dokumentiert. Vereitelt er daher die (gemeinsame) Nutzung der Ehewohnung wäre das Verlangen des gesamten Geldunterhalts unbillig, sodass er sich die Wohnkostenersparnis anrechnen lassen muss.

2. Höhe des anzurechnenden Naturalunterhalts

[9]            2.1 Naturalunterhalt ist grundsätzlich nur im angemessenen Umfang zu berücksichtigen (RS0123487 [T4]); dem Unterhaltsberechtigten hat grundsätzlich stets ein in Geld zu leistender Unterhalt zuzukommen, weil er ja von der Wohnung alleine nicht leben kann (RS0123487 [T6]). Zumindest bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aus dem Titel der Wohnversorgung daher lediglich um rund ein Viertel zu. Steht dabei jenem Ehegatten, der die Wohnung benutzt (bzw hier: aus ihm zuzurechnenden, einem freiwilligen Auszug gleichzuhaltenden Gründen nicht mehr benutzt) aufgrund eigenen Einkommens nur ein Ergänzungsunterhalt zu, ist dieses Viertel nicht aus diesem zu ermitteln, sondern aus dem Eigeneinkommen und dem (ungekürzten) Ergänzungsunterhalt, kommt es doch maßgeblich darauf an, dass diesem Ehegatten ausreichend Geldmittel zur Verfügung stehen, um seine Bedürfnisse jenseits des Wohnens angemessen befriedigen zu können; dabei ist aber auch Eigeneinkommen zu berücksichtigen (3 Ob 164/17i mwN).

[10]           2.2 Aus dem Eigeneinkommen (1.000 EUR) und dem (ungekürzten) Ergänzungsunterhalt (203,88 EUR) müssen dem Unterhaltsberechtigten daher etwa drei Viertel (rund 900 EUR) verbleiben. Übersteigt das Eigeneinkommen den sich so errechnenden Betrag verbleibt kein Anspruch auf weiteren Unterhalt (vgl 6 Ob 43/12k ErwGr 2.). Wenn das Rekursgericht daher einen Restunterhaltsanspruch in Geld verneint, hält sich auch diese Beurteilung im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

OGH 2 Ob 95/22t.