Verjährung der Unterhaltsrückforderung

Rechtsprechung

Verjährung der Unterhaltsrückforderung

Der geschiedene Ehemann zahlte aufgrund einer einstweiligen Verfügung Unterhalt, um eine Exekution zu vermeiden. Die Verfügung wurde rückwirkend aufgehoben, der Mann klagte im Jahr 2006 auf Rückzahlung des Unterhalts.


Der OGH:

Der Kläger begründet seinen Rückforderungsanspruch damit, dass er bis zur gerichtlichen Feststellung ihrer Unwirksamkeit in Erfüllung der formal aufrechten einstweiligen Verfügung geleistet habe, und beruft sich damit auf den nachträglichen Wegfall des Leistungsgrundes gemäß § 1435 ABGB.

Generell verjähren Leistungskondiktionen gemäß § 1478 ABGB nach 30 Jahren.

Die jüngere Lehre und Rechtsprechung folgt allerdings dem differenzierenden Ansatz, die Verjährung des Kondiktionsanspruchs analog nach der Art des Anspruchs zu beurteilen, an dessen Stelle die Kondiktion tritt. In diesem Sinne wurde ausgesprochen, dass Rückforderungsansprüche im Zusammenhang mit einem Geschäft des täglichen Lebens und Ansprüche auf Rückzahlung von irrtümlich zu viel gezahltem Arbeitsentgelt in Analogie zu § 1486 ABGB der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen (RIS-Justiz RS0123539; RS0124811). Nur dann, wenn keine jener Bestimmungen, die eine kurze Verjährungsfrist vorsehen, unmittelbar oder wenigstens kraft Analogieschlusses anwendbar ist, hat es bei einer Verjährungszeit von 30 Jahren zu bleiben (RIS-Justiz RS0086687).

2. Gemäß § 1480 ABGB erlöschen Forderungen von rückständigen, periodisch wiederkehrenden Leistungen, insbesondere Zinsen und Unterhaltsbeiträgen, in drei Jahren.

In mittlerweile gefestigter Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof diese Bestimmung analog auf den Anspruch auf Rückzahlung irrtümlich zu viel bezahlter (Kredit-)Zinsen angewandt, wofür Gründe des Schuldnerschutzes ins Treffen geführt wurden. Auch der auf § 1042 ABGB gegründete Unterhaltsregressanspruch eines Scheinvaters gegen den leiblichen Vater wird analog § 1480 ABGB der dreijährigen Verjährungsfrist unterzogen, wobei die Frist mit der Beseitigung der Statusentscheidung beginnt (4 Ob 36/13p).

3. Im vorliegenden Fall wird der Rückersatz von Unterhaltsbeträgen begehrt, die nach dem Klagsvorbringen aufgrund einer einstweiligen Verfügung bezahlt wurden, von deren Unwirksamkeit der Kläger im Leistungszeitraum allerdings selbst ausgegangen ist und deren formale Aufhebung ab 1. 9. 1997 seit September 1999 rechtskräftig festgestellt war. Spätestens ab dem letzteren Zeitpunkt bestand für den Kläger am Wegfall des Titels kein Zweifel, der einer Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs entgegengestanden wäre.

Es ist den Vorinstanzen beizupflichten, dass auch bei dieser Sachlage eine analoge Anwendung der Verjährungsfrist des § 1480 ABGB geboten erscheint.

Besondere Gründe des Gläubigerschutzes, die in der Literatur teilweise gegen die Rechtsprechung zur Rückzahlung überhöhter Kreditzinsen ins Treffen geführt wurden, sind hier nicht erkennbar. Im Gegensatz zur Lage eines Kreditnehmers, dem es typischerweise nicht leicht erkennbar ist, ob die ihm vorgeschriebenen Zinsen richtig berechnet wurden, steht das Fehlen der angenommenen Rechtsgrundlage für denjenigen, der aufgrund einer aufgehobenen gerichtlichen Entscheidung etwas geleistet hat, ab der Rechtskraft der Aufhebung dieser Entscheidung außer Zweifel. Eine durch die längere Verjährungsfrist zu schützende Ungewissheit über die Anspruchsgrundlagen ist hier nicht zu erkennen. Umgekehrt erscheint es aus Gründen des Schuldnerschutzes, aber auch angesichts des typischerweise zeitbedingten Verlustes von Beweismitteln im Interesse des Rechtsfriedens geboten, den Empfänger der Leistung nicht bis zu dreißig Jahre darüber im Ungewissen zu lassen, ob er noch mit einer Rückforderung rechnen und seine Beweise für mögliche Einwendungen gegen den Anspruch sichern muss.

Auch für die Rückforderung von grundlos gezahlten Unterhaltsleistungen, deren Empfang typischerweise nicht zu einer Vermögensvermehrung führt, sondern die zum Verbrauch für die Bedürfnisse des täglichen Lebens bestimmt sind, beträgt daher die Verjährungsfrist analog § 1480 ABGB drei Jahre.

4. Der Kläger hat nach Aufhebung der gegenständlichen einstweiligen Verfügung zunächst den Versuch unternommen, die Rückzahlung der geleisteten Unterhaltsbeiträge im Exekutionsverfahren geltend zu machen. Dieser Antrag blieb erfolglos, weil § 394 Abs 1 EO für die Rückforderung zu Unrecht gezahlten einstweiligen Ehegattenunterhalts keine Rechtsgrundlage bietet (3 Ob 195/02a). Ob die Antragstellung nach § 394 Abs 1 EO dessen ungeachtet geeignet war, die Unterbrechung der Verjährung zu bewirken, kann dahingestellt bleiben, weil der Kläger auch nach der letztinstanzlichen Entscheidung in jenem Verfahren noch mehr als drei Jahre bis zur vorliegenden Klage verstreichen hat lassen.

Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren daher zutreffend als verjährt beurteilt.

OGH 30.5.2017, 8 Ob 110/16h

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